WAZ/NRZ, 18.02.2003

Der Beginn einer Legende

$ABSTRACT}{BODY="KONZERT / Der Chor "Joyful Voices" feierte sein zehnjähriges Bestehen. Die Stadtkirche war restlos ausverkauft.

MOERS. Anfang der 90-er Jahre sah Ernst Ickler im Fernsehen den Oslo Gospel Choir, der von einer Rockband begleitet wurde. Das wollte er mit seinem Oberstufenchor am Gymnasium in den Filder Benden auch ausprobieren. Es war dies der Beginn einer Moerser Legende. Vergleichbar vielleicht mit Woopi Goldberg, die wenig später im Film Sister Act mit Gospelrock einem Chor Leben einhauchte. Nur, dass es bei Ernst Ickler eben Wirklichkeit war.

Der reine schwarze Gospel eignet sich für einen Schulchor wenig, weil er in unserer musikalischen Tradition nicht verwurzelt ist. Den ursprünglichen Gospelsong muss sich der Sänger gleichsam von der Seele singen. Dazu fehlt uns der Zugang. Wir brauchen Hilfe. Und diese gibt uns die Rockmusik. Hat das Ganze dann überhaupt noch was mit Gospel zu tun? Ja, Denn die Musiksprache trennt nicht zwischen geistlicher und weltlicher Musik.

Der Erfolg dieser Idee von Ernst Ickler war durchschlagend. Die Schüler hielten dem Chor auch nach dem Abitur die Treue und auch Externe wollten mitsingen. Es bildete sich ein selbständiger Chor mit Band. Jetzt, nach acht CDs, 72 selbständigen Konzerten, Konzertreisen nach Israel, Frankreich, in die USA und nach Schweden, feierten die Joyful Voices ihr zehnjähriges Bestehen.

Es war ein grandioses Konzert in der völlig ausverkauften Moerser Stadtkirche. Dort war der Chor, damals noch ohne Band und mit Playback, vor zehn Jahren zum ersten Mal unter dem Namen Joyful Voices aufgetreten. Mancher der Mitwirkenden und der Zuhörer wird sich beim Konzert an die Anfänge erinnert haben. Das Programm stellte Ernst Ickler zusammen - eine Mischung aus "best of" und "brandnew". Es dauerte mit vier Zugaben fast drei Stunden.

Der Chor zog ein mit "Get together" von Tore W. Aas, dem Leiter des Oslo Gospel Choir, und brachte damit die Zuhörer in die richtige Stimmung. Es folgten neue, zum Teil erstmalig aufgeführte Werke, zu denen die Joyful Voices inspiriert wurden durch die Teilnahme am Pop- und Gospelfestival in Witten. Als Überblick über die Programme der vergangenen Jahre wurden drei Stücke aufgeführt aus dem anspruchsvollen Rockoratorium "Eversmiling Liberty" von Johansen und Kullberg sowie der Song "I still haven´t found" von U2 in der Gospelfassung aus dem Rockprogramm.

Im zweiten Teil folgten nach zwei weiteren neuen Liedern die größten Hits und Highlights der letzten zehn Jahren. Es reihte sich Hit an Hit in der ganzen stilistische Bandbreite von Chor und Band: Von der Ballade "Heaven", über Country-und-Western-Musik wie "High and mighty" oder "Glory to God" über einen mitreißenden Gospel-Blues ("I wanna be ready") bis zur Gospel-Hymne "Oh happy day". Das Publikum hielt es nicht mehr auf den Bänken, es war restlos begeistert.

Das Motto "best of" und "brandnew" galt auch für die Auswahl der Sänger für die Solo-Partien, natürlich mit etwas anderer Gewichtung. Neben Routiniers, die bereits 1993 dabei waren, übernahmen jüngere Chormitglieder einen Solopart, teilweise zum ersten Mal. Keine leichte Aufgabe, die aber von allen mit Bravour gemeistert wurde.

Als Zugabe gab es dann doch noch den Gospel-Klassiker "Operator", in dem die Sängerin um eine Telefonverbindung zu Gott bittet. Ein "best of"-Konzert der Joyful Voices ohne den "Operator" ist auch nicht denkbar. Chor und Band bedankten sich auch bei Chorleiter Ernst Ickler für die letzten zehn Jahre - mit einem Pop-Lied: "You´re The Voice" von John Farnham. (Herwig Kersten)